Ausgangsstoff des homöopathischen Arzneimittels, das auch als Natrium muriaticum bezeichnet wird, ist die Verbindung von Natrium und Chlor. Natriumchlorid (NaCl) ist der Hauptbestandteil von Koch- bzw. Speisesalz, das umgangssprachlich einfach „Salz“ genannt wird.
In der Natur ist Natriumchlorid in großer Menge vorhanden. Es befindet sich als „Meersalz“ gelöst im Meerwasser (mit einem Gehalt von ca. 3 %) sowie als „Steinsalz“ im Mineral Halit (mit einem Gehalt von bis zu 98 %) in Steinsalzlagerstätten. Ca. 70 % des weltweiten Salzverbrauchs stammen aus dieser mineralischen Quelle. Das Steinsalz kann „trocken“ aus den Lagerstätten bergmännisch abgebaut oder im „nassen“ Verfahren durch so genannte Aussolung gewonnen werden.
Natriumchlorid ist für Mensch und Tier ein wichtiger Mineralstoff. Der menschliche Körper enthält etwa 0,9 % Kochsalz und verliert davon täglich 3-20 Gramm, die ersetzt werden müssen. Die unkontrollierte Zufuhr großer Salzmengen führt zum Tode. In manchen Regionen war Salz nicht verfügbar, dies hat den Reichtum anderer, salzreicher Regionen begründet. Als „weißes Gold“ ist es in die Geschichte eingegangen, beispielsweise versorgte die Region um Lüneburg über die Salzstraße das Handelsimperium der Hanse.
Die physiologischen Funktionen von Natrium und Chlor sind äußerst vielfältig. Am bekanntesten sind ihre Funktionen im Rahmen des Flüssigkeitshaushaltes sowie der Nervenfunktion. Man geht heute davon aus, dass sich das Leben aus dem Meer heraus entwickelt hat und die Organismen bei ihrer „Wanderung“ auf das Land das Meer „mitgenommen“ haben. Genauer gesagt bedeutet dies, dass bei Betrachtung der verschiedenen Flüssigkeitsräume in einem Organismus, der „extrazelluläre“ Raum, der Bereich, in den alle Zellen eingebettet sind und sie „umspült“, in etwa der Zusammensetzung der Urmeere entspricht. Das Element Natrium findet sich hier, also außerhalb der Zellen (extrazellulär), in der höchsten Konzentration. Durch seine Fähigkeit Flüssigkeit zu binden, reguliert sein Anteil den Flüssigkeitshaushalt. Die Konzentration von Natrium (und Chlorid) wird durch verschiedene Hormone im Organismus streng kontrolliert.
Ein Salz kann als Kristallisation aus einer Lösung entstehen, NaCl ist in diesem Sinne der typische Vertreter. Aus alchemistischer Sicht ist dieser Prozess eine "Individualisation" aus einer Verbindung. Das Salz „emanzipiert“ sich aus der Verbundenheit aller Stoffe im Meer, der Quelle allen Lebens, dem mütterlichen Urprinzip. Aus dieser Sichtweise steht das Salz auch für die Suche nach der individuellen Persönlichkeit, Salz hat mit Ab- oder auch Ausgrenzung zu tun. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass, wie bereits erwähnt, Natrium vor allen Dingen außerhalb der Zelle in hoher Konzentration vorliegt. In einem aktiven, sehr viel Energie verbrauchenden Prozess, wird es immer wieder aus der Zelle heraus befördert (Natrium-Kalium-Pumpe).
Kochsalz wird auch als Gewürz geschätzt. Das Salzen von Speisen führt nicht nur zu einem salzigen Geschmack, sondern verstärkt auch den Eigengeschmack der verschiedenen Nahrungsmittel. Legt man die oben erwähnte alchimistische Betrachtung zu Grunde, könnte man auch sagen, dass Salz die unterscheidende Individualität von Nahrungsmitteln hervorhebt.
Salz war auch zur Konservierung von Lebensmitteln (Fleisch, Fisch, Gemüse u.a.) unverzichtbar. „Einsalzen“ entzieht Speisen Flüssigkeit (durch seine osmotische Wirkung). Damit verlieren schädigende Organismen die Grundlage für ihre Existenz. Von der engen Beziehung des Salzes zur Dauerhaftigkeit zeugt auch der so genannte „Salzbund“ im alten Israel von einer ewig dauernden unverbrüchlichen Qualität. Im Alten Testament ist nachzulesen, dass Lot und seine Familie bei der Zerstörung von Sodom und Gomorrha durch den Zorn Gottes verschont werden. Die Frau missachtet die Warnung Gottes, sich auf dem Weg nicht umzuschauen - und erstarrte zur Salzsäule.
Beide Themen, Individualisierung bzw. Ausgrenzung sowie Konservierung im Sinne von an Vergangenem festzuhängen bzw. sich dem Neuen zu verschließen spielen eine große Rolle im homöopathischen Arzneimittelbild von Natrium chloratum.