Homöopathie: Foto: © Gerhard Seibert / fotolia
Homöopathie: Foto: © Gerhard Seibert / fotolia

Entwicklung und Konzept der Homöopathie

Die Historie

Hahnemann/b
Hahnemann/b

Was krank macht, kann auch heilen. So lautet die homöopathische Kernthese. Oder: Ähnliches hilft (Ähnlichkeitsprinzip). Erste Hinweise auf diese entscheidende Säule der Homöopathischen Medizin finden sich bereits im Alten Testament, bei Aristoteles und Hippokrates. Also lange bevor der sächsische Arzt Dr. Christian Friedrich Samuel Hahnemann das Prinzip (wieder-) entdeckte. Doch die systematische Beschreibung und der Ausbau zu einem anwendbaren Heilsystem ist der Verdienst des engagierten Mediziners. Der Begründer der Homöopathie wurde 1755 in Meißen geboren. Nachdem er sein Medizinstudium in Leipzig abgeschlossen hatte, arbeitete er als Arzt, Chemiker und Pharmazeut. Die therapeutischen Möglichkeiten der Medizin seiner Zeit frustrierten ihn zunehmend. Ihm genügte es auf Dauer nicht, die bis dahin gängigen Arzneien, die nicht selten selbst giftige oder schädigende Eigenschaften hatten, zu verordnen. Er wollte die Hintergründe von Krankheit und Genesung erkunden. So betrieb er zahlreiche Studien in verschiedenen naturwissenschaftlichen Disziplinen und entwickelte nach und nach die Grundprinzipien der Homöopathischen Medizin.


Das Konzept

Die Verwendung homöopathischer Arzneien bedeutet nicht einfach nur Verzicht auf konventionelle Pillen und Ersatz durch „natürliche“, nebenwirkungsarme Arzneien. Die Homöopathie basiert auf einem völlig anderen Konzept als die Verwendung konventioneller Medikamente und verfolgt ein anderes Behandlungsziel.


Die moderne Medizin bekämpft mit Erfolg Bakterien und hilft bei akuten, lebensbedrohenden Krankheiten. Bei einer chronischen Krankheit helfen die Medikamente, Beschwerden zu lindern. Allerdings ist fast immer die dauerhafte Einnahme von Medikamenten notwendig. Denn der Verlauf der Erkrankung wird nicht beeinflusst. Meist kehren die Beschwerden rasch wieder, wenn das Arzneimittel abgesetzt wird.


Die Homöopathie dagegen ist eine Regulationsbehandlung. Durch gezielte Reize soll der Organismus zu einer Reaktion bewegt werden, die Selbstheilungskräfte werden angeregt. Ziel ist nicht nur eine Linderung der Beschwerden. Darüber hinaus sollen auch die "gestörten Funktionen" im Organismus, die Krankheitssymptome verursachen, beeinflusst werden. Die Gesamtkonstitution, die Fähigkeit, ein inneres Gleichgewicht zu halten, kann so gestärkt werden. Die Homöopathische Medizin orientiert sich nicht nur am Befund (Blutwerte, Röntgen, MRT, CT o.a.) sondern vor allem am Befinden des Patienten. Sie betrachtet den Menschen in seiner Gesamtheit und berücksichtigt, dass für die individuell passenden Behandlung körperliche und seelische Symptome eine Rolle spielen können.


Der Unterschied zwischen den Therapiekonzepten besteht also darin, dass konventionelle Arzneimittel krankhafte Symptome bekämpfen - allerdings ohne letztlich die zugrunde liegenden Störung, die erst zu den Beschwerden führt, zu beeinflussen. Beschwerden werden gelindert - der Verlauf, die Dynamik der Erkrankung bleibt unverändert!


Homöopathische Medikamente versetzen den Körper in die Lage, sich selbst zu heilen: Hilfe zur Selbsthilfe lautet das Grundprinzip. Der Organismus soll in die Lage versetzt werden, die Krankheit zu überwinden, Krankheitssymptome sollen dauerhaft verschwinden. Damit ist die Wirkung einer erfolgreichen homöopathischen Therapie nachhaltig und macht eine langfristige Symptombehandlung überflüssig. Sie bietet eine echte Chance auf Heilung.


Der Mensch wird im Rahmen der homöopathischen Medizin nicht nur als „kaputte Maschine“ betrachtet, die an einigen Stellen der Reparatur bedarf. Es geht um Berücksichtigung von Steuerungsmechanismen, um Regulation, unter Berücksichtigung von Körper und Psyche und um nachhaltige Heilung.


Das Ähnlichkeitsprinzip

Schnupfen Foto: © Picture-Factory/fotolia
Schnupfen Foto: © Picture-Factory/fotolia

Im Mittelpunkt der Homöopathischen Medizin steht das Ähnlichkeitsprinzip, „Similia similibus curentur“ = „Ähnliches mit Ähnlichem heilen“, dem das Heilverfahren seinen Namen verdankt (aus dem Griechischen: homoios = ähnlich; pathos = das Leiden).

Darunter ist folgendes zu verstehen: Die Einnahme eines (z.B. pflanzlichen oder tierischen) Wirkstoffs ruft bei einem gesunden Menschen charakteristische Erscheinungen hervor. Leidet ein Mensch unter einer Krankheit mit Beschwerden, die diesen Erscheinungen ähnlich sind, wird diese Substanz zum passenden homöopathischen Arzneimittel. Es wird für einen kranken Menschen also eine Arznei ausgewählt, die zu den individuellen Beschwerden dieses Menschen am besten passt.


Eine Krankheit kann also durch ein homöopathische gewähltes Mittel geheilt werden, welches - bei einem gesunden Menschen angewandt - Krankheitssymptome auslöst, die den Beschwerden des erkrankten Menschen ähnlich sind. Ein vereinfachtes Beispiel zur Verdeutlichung: Beim Zubereiten einer Küchenzwiebel, Alium cepa, z. B. läuft reichlich brennendes Sekret, das Nasenausgang und Oberlippe schnell wund werden lässt. Man beginnt zu niesen, die Augen können tränen - im Freien wird alles besser. Leidet ein Patient an einem Schnupfen, der ähnliche Beschwerden aufweist, wird die Behandlung mit dem homöopathischen Wirkstoff Allium cepa hilfreich sein. Ist die Art des Schnupfens anders, bedarf es einer anderen Arznei.


Das Ähnlichkeitsprinzip bildet die rationale Basis der Homöopathischen Medizin. Es gibt uns die Möglichkeit, auf der Grundlage nachvollziehbarer Kriterien, gemäß dem Ähnlichkeitsprinzip, ein passendes Arzneimittel auszuwählen - vorausgesetzt das Arzneimittel wurde in einer Arzneimittelprüfung genauer untersucht.



Ähnlichlichkeitsprinzip; Bild im Bild: aus Gotha/Drinnenberg, Homöopathische Krankheitsbilder

Ähnlichlichkeitsprinzip


Bild im Bild links: aus Gothe/Drinnenberg, Homöopathische Krankheitsbilder






Die Arzneimittelprüfung

Glob Tasche
Glob Tasche

Das individuelle Behandlungskonzept der Homöopathie geht davon aus, dass jeder Organismus anders auf Störungen der Gesundheit reagiert, persönliche Symptome entwickelt und entsprechend geheilt werden muss. Deshalb können auch Details zählen, aus der Kombination der Beschwerden wird die passende Arznei ausgewählt.


Doch wie findet der Homöopath aus der großen Palette den passenden Wirkstoff, der den individuellen Beschwerden seines Patienten am besten zugeordnet werden kann?

Hierfür bedarf es einer detaillierten Kenntnis über die zur Verfügung stehenden homöopathischen Substanzen. Dieses Wissen wird durch „homöopathische Arzneimittelprüfungen“ gewonnen. Dafür nehmen gesunde Menschen das zu prüfende Mittel ein, die Ausgangssubstanz oder die potenzierte Form der Arznei. Neu auftretende Symptome, wie die Ausbildung von Entzündungen, vermehrtes Schwitzen, Veränderungen der Ausscheidungen oder der Gemütslage werden genauestens beobachtet und protokolliert. Beachtet werden neben den körperlichen auch Veränderungen der Stimmung und der seelischen Befindlichkeit.


Alle gewonnenen Erkenntnisse, die Gesamtheit der Symptome, bilden wie ein Mosaik das sog. Arzneimittelbild des homöopathischen Mittels.Derzeit kann für die homöopathische Behandlung auf über tausend geprüfte Wirkstoffe zurückgegriffen werden. Einige werden häufig eingesetzt, andere deutlich seltener. Arzneimittelprüfungen sind ein wichtiger Bereich homöopathischer Forschung.


Die Herstellung

Darreichungsformen; Foto: ©miwa/fotolia - DHU
Darreichungsformen; Foto: ©miwa/fotolia - DHU

Die Experimente Hahnemanns zeigten, dass der Heileffekt umso stärker ist, je intensiver die Medikamente nach den homöopathischen Herstellungsregeln bearbeitet wurde. Homöopathische Mittel werden in einem bestimmten Verfahren hergestellt, sie werden „potenziert“ (aus dem lateinischen, „Potentia“ - die Kraft). Das Prinzip der Potenzierung besteht in der schrittweisen Bearbeitung der Ausgangssubstanzen, rein physikalisch erfolgt eine zunehmende „Verdünnung“ in einem definierten Mischungsverhältnis. Das Mittel kann so effektiver wirken - vorausgesetzt die Symptome des kranken Menschen und die Symptome der Arznei sind ähnlich genug.


Warum Arzneien mit zunehmender "Verdünnung" umso grössere, umfassendere und nachhaltigere Wirkung entfalten (bei gegebener "Ähnlichkeit"), entzieht sich bislang unserer Kenntnis. Das es so ist, stellen homöopathische Behandler und ihre zum Teil schwer kranken Patienten jeden Tag aufs neue fest! Eine Vielzahl von Studien untermauert diese Beobachtung wissenschaftlich.


Das Homöopathische Arzneibuch (HAB) beschreibt sehr exakt die Regeln, nach denen homöopathische Arzneien hergestellt werden müssen. Diese sind für alle Hersteller verbindlich. Durch verschiedene Verfahren entstehen bei der Herstellung potenzierter Arzneimittel Tropfen, Tabletten und Streukügelchen (Globuli).


Herstellung von Dilutionen (Tropfen)

Bei der Herstellung wird zunächst aus löslichen Stoffen eine homöopathische Urtinktur hergestellt. Sie ist die Ausgangssubstanz für die weitere flüssige Potenzierung. Dieses Herstellungsverfahren wird als Verschüttelung bezeichnet. Auskunft über das Mischungsverhältnis der Ausgangssubstanz mit wirkneutralem Alkohol geben die Buchstaben D, C oder LM (Q). Die Bezeichnung

D (lat.: decem = zehn) steht für eine Mischung im Verhältnis 1:10,

C (lat: cenum = hundert) beschreibt eine Mischung im Verhältnis 1:100, für

LM oder Q-Potenzen gilt ein Verhältnis von 1:50.000.


Die Höhe der Potenzierung wird im Allgemeinen drei Bereichen zugeordnet:

Tiefpotenzen bis C/D 12

Mittlere Potenzen C/D 12

Hochpotenzen ab C/D 30

Q/LM - Potenzen gelten als Hochpotenzen


Bei der Produktion von D-Potenzen wird ein Teil Urtinktur mit 9 Teilen (1:10) wirkungsneutralem Lösungsmittel (40%iger Alkohol) versetzt und anschließend verschüttelt. Diese Zubereitung ist die erste Dezimalpotenz, kurz D1 genannt. Beträgt das Mischungsverhältnis 1:100 bei sonst unverändertem Vorgehen, entstehen C-Potenzen. Zur Herstellung steigender Potenzstufen wird der beschriebene Vorgang schrittweise wiederholt.


Herstellung von Tabletten

Nicht lösliche Ausgangssubstanzen werden zunächst mit Milchzucker verrieben - ebenfalls entsprechend den Anweisungen des HAB. Auf diese Weise werden Tabletten hergestellt. Für die erste Potenzstufe wird im Verhältnis 1:10 (D-Potenzen) oder 1:100 (C-Potenzen) Arzneisubstanz mit Milchzucker vermischt. Der Milchzucker wird schrittweise in drei Portionen beigefügt. Die Verreibungszeit beträgt für jede Potenzstufe mindestens eine Stunde. Zur Herstellung weiterer Potenzen wird ein Teil erneut mit Milchzucker verrieben. Eine äußerst aufwendige Prozedur! Deshalb werden Verreibungen inzwischen meist maschinell produziert. Sind die zunächst unlöslichen Substanzen erst einmal verrieben, können auch sie in Alkohol gelöst und dann als Verschüttelung weiter potenziert werden.


Herstellung von Globuli

Streukügelchen, von vielen einfach nur als „Kügelchen“ bezeichnet, sind wohl die beliebteste Darreichungsform homöopathischer Arzneien. Einfache Zuckerkügelchen werden mit dem entsprechenden flüssig potenzierten Wirkstoff imprägniert.



Die Anwendung

Globuli; Foto: Dr. Berger
Globuli; Foto: Dr. Berger

Die Wahl des passenden homöopathischen Wirkstoffs stützt sich in der Regel auf die hauptsächlichen Beschwerden. Sie werden im homöopathischen Sprachgebrauch Leitsymptome genannt. Was ist am Befinden seit der Krankheit anders? Besondere Aufmerksamkeit bekommen

  • Auslöser
  • die Art und persönliche Empfindung der Beschwerden und
  • Modalität.

Unter einer „Modalität“ versteht man alle Umstände, die Beschwerden verbessern oder verschlechtern. Für die homöopathische Behandlung ist die genaue Beantwortung der Fragen wichtig:


Was steht im Mittelpunkt steht?

Worunter leidet ein Kranker am meisten?


Ohne diese Art von Selbstbeobachtung kann kein passendes Mittel ausgewählt werden.

Die Anwendung homöopathischer Arzneien bei akuten Erkrankungen wird als organbezogene Behandlung nach dem Muster der bewährten Indikationen bezeichnet. Wenn Sie homöopathische Wirkstoffe eigenständig anwenden, beschränken Sie sich bitte auf (leichte) akute Erkrankungen wie Schnupfen, einen fieberhaften Infekt oder eine Magen-Darmverstimmung. Beachten Sie bitte stets die Grenzen der Selbstbehandlung.

Dem gegenüber wird die Ausweitung des Ähnlichkeitsprinzips auf die Symptomatik des ganzen Menschen, auch auf den seelisch-geistigen Bereich, als konstitutionelle Homöopathie bezeichnet. Dieses Vorgehen ist charakteristisch für die Behandlung chronisch kranker Menschen. Voraussetzung ist eine gründliche homöopathische Ausbildung und Erfahrung in der homöopathischen Behandlung chronisch kranker Menschen. Um einen passenden Wirkstoff zu finden, bedarf es eines längeren Gespräches, der Homöopathischen Anamnese. Diese kann 1-2 Stunden Zeit in Anspruch nehmen.


Die Grenzen

Symbole; © Jan Engel/fotolia
Symbole; © Jan Engel/fotolia

Es ist selbstverständlich, dass jede (Selbst-) Behandlung, auch die mit homöopathischen Arzneien, mit großer Sorgfalt und Vorsicht durchgeführt wird. Erfolgt bei akuten Krankheiten


  • keine Besserung der Beschwerden in kurzer Zeit,
  • drohen Komplikationen oder
  • befindet sich der Patient in schlechtem Allgemeinzustand,


ist es unbedingt geboten, professionelle medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen.


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