Globuli/s; Foto: ©B.Wylezich/fotolia
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Was ist Homöopathie, was nicht?

Dr. med. M. Berger -

Die Homöopathische Medizin verfügt über eine rationale Grundlage: Das Ähnlichkeitsprinzip. Es liefert die entscheidenden Kriterien, welche Arznei bei einem Kranken die passende sein wird. Auch andere Methoden verwenden Wirkstoffe, die „homöopathisch“ zubereitet sind. Was also ist Homöopathie - und was nicht?


Was ist Homöopathie?

Der deutsche Arzt und Apotheker Dr. Samuel Hahnemann (1755-1843) entwickelte ein umfassendes Konzept von Gesundheit, Krankheit und Heilung. Im Mittelpunkt der Homöopathischen Medizin steht das Ähnlichkeitsprinzip. Erste Hinweise darauf finden wir bereits weit vor Hahnemanns Zeit im Alten Testament, bei Aristoteles und Hippokrates. Die systematische Beschreibung und der Ausbau zu einem anwendbaren Heilsystem ist allerdings der Verdienst von Dr. Christian Friedrich Samuel Hahnemann. Er wurde von dem Gedanken geleitet, ein nachvollziehbares Behandlungskonzept zu entwickeln, das frei von spekulativen Elementen ist. Darüber hinaus wird der Mensch im Rahmen der homöopathischen Medizin nicht nur als „kaputte Maschine“ betrachtet, die an einigen Stellen der Reparatur bedarf. Es geht um Berücksichtigung von Steuerungsmechanismen, um Regulation und nachhaltige Heilung.


Im Mittelpunkt der Homöopathischen Medizin steht das Ähnlichkeitsprinzip, „Similia similibus curentur“ = „Ähnliches mit Ähnlichem heilen“, dem das Heilverfahren seinen Namen verdankt (aus dem Griechischen: homoios = ähnlich; pathos = das Leiden). Darunter ist folgendes zu verstehen: Die Einnahme eines (z.B. pflanzlichen oder tierischen) Wirkstoffs ruft bei einem gesunden Menschen charakteristische Erscheinungen hervor. Leidet ein Mensch unter einer Krankheit mit Beschwerden, die diesen Erscheinungen ähnlich sind, wird diese Substanz zum passenden homöopathischen Arzneimittel. Es wird für einen kranken Menschen also eine Arznei ausgewählt, die zu den individuellen Beschwerden dieses Menschen am besten passt.

Ein einfaches Beispiel kann diesen Zusammenhang verdeutlichen: Beim Zubereiten einer Küchenzwiebel, Allium cepa, z. B. kann früher oder später reichlich brennendes Sekret aus der Nase laufen. Oft beginnt man zu niesen, die Augen können tränen - im Freien wird alles besser. Wer an einem Fließschnupfen leidet, der genau diese Eigenarten aufweist, für den wird die Behandlung mit dem homöopathischen Wirkstoff Allium cepa hilfreich sein. Ist der Schnupfen anders beschaffen, etwa gelb - schleimig oder borkig und zäh, ist entsprechend den Beschwerden eine andere Arznei zu wählen.


Kriterien für die Auswahl einer geeigneten Arznei

Das homöopathische Konzept ist individuell ausgerichtet. Das Ähnlichkeitsprinzip eröffnet einen Weg, von vornherein das (wahrscheinlich) beste Medikament für einen Menschen mit seiner Krankheit auszuwählen. Die Auswahl der Arznei erfolgt nach persönlichen Beschwerden (nicht lediglich nach der Diagnose). Damit ermöglicht das Ähnlichkeitsprinzip eine gewisse „Vorhersagbarkeit“ für die passende Arznei. Die Homöopathie sucht also nach einem Wirkstoff für diesen Menschen mit seinen konkreten Beschwerden. Natürlich ist das gerade bei chronischen Erkrankungen nicht immer einfach. Das richtige Mittel kann bei den vielen Fehlermöglichkeiten oft nicht auf Anhieb, manchmal auch gar nicht gefunden werden. Diese Einschränkung ändert nichts an der rationalen Basis der homöopathischen Medizin, durch nachvollziehbare und anwendbare Kriterien im Einzelfall zu einem geeigneten Arzneimittel zu gelangen.


Was ist keine Homöopathie?

Aus den bisherigen Ausführungen wird deutlich: Ohne Ähnlichkeitsprinzip keine Homöopathie! Leider hat das Arzneimittelrecht in Deutschland den Begriff Homöopathie anhand des Herstellungsverfahrens definiert. Homöopathische Arzneimittel sind gemäß dem Arzneimittelgesetz Arzneimittel, die in einem homöopathischen Zubereitungsverfahren hergestellt wurden. Daher macht es Sinn, zwischen Homöopathie einerseits (dem Einsatz einer Arznei nach dem Ähnlichkeitsprinzip) und der Verwendung potenzierter Substanzen andererseits (im Rahmen anderer Heilverfahren) zu unterscheiden.


Beispielsweise enthalten auch anthroposophische Arzneien potenzierte Substanzen, ebenso Schüssler’s Biochemische Mittel. Ihr Einsatz erfolgt nach Kriterien, die dem jeweiligen Therapieverfahren zugrunde liegen - nicht jedoch nach dem Ähnlichkeitsprinzip. Potenzierte Arzneimittel werden auch mithilfe von Kinesiologie, EAV oder anderen Methoden „ausgetestet“ - ohne Berücksichtigung der „Ähnlichkeit“. Auf der Grundlage dieser Überlegungen ist auch der Einsatz eines Komplexmittels keine homöopathische Behandlung im eigentlichen Sinne. Schon eine einzelne homöopathische Arznei („Einzelmittel“) ist meist ein Gemisch vieler verschiedener Inhaltsstoffe, so wie sie von der Natur in pflanzlichen (z.B. Belladonna), tierischen (z.B. Apis) oder anderen Ausgangsprodukten (z.B. Calcium carbonicum Hahnemanni) eben "zusammengestellt" wurden. Homöopathische Arzneimittelprüfungen ermöglichen uns einen differenzierten Einblick in die Wirkung dieser Arznei am Gesunden - als Grundlage für die homöopathische Anwendung bei kranken Menschen gemäß dem Ähnlichkeitsprinzip.

Mit einem Komplexmittel wird nicht nur ein, sondern es werden mehrerer Arzneimittel gleichzeitig angewandt. Es wird im Prinzip ein neues Arzneimittel kreiert, das aus den einzelnen Bestandteilen der im Komplexmittel enthaltenen Arzneimittel zusammengesetzt ist. Diverse Komplexarzneien haben unter Studienbedingungen ihre Wirksamkeit bei bestimmten Erkrankungen unter Beweis gestellt. Das Problem liegt woanders. Wir geben mit dem Einsatz dieser zusammengesetzten Arzneimittel einen großen Vorzug der homöopathischen Medizin aus der Hand: Die Individualität der Arzneimittelwahl, die Möglichkeit, für einen bestimmten Menschen das beste (das passende) Arzneimittel auswählen zu können. Die verlässliche Basis für die Anwendung sind unsere Kenntnisse aus der Arzneimittelprüfung, die in der Regel für Komplexarzneien nicht vorliegen. Damit fehlt die rationale Basis um bestimmen zu können, wer, mit welchen Beschwerden, welches (Komplex-) Mittel benötigt!

Ähnliches gilt auch für andere, nicht geprüfte Arzneimittel, die „homöopathisch“ eingesetzt werden, z.B. Nosoden. So werden Mittel bezeichnet, die aus körpereigenem Material, Absonderungen oder Krankheitserregern hergestellt werden. Einige Nosoden verfügen über ausgezeichnete Arzneimittelprüfungen, sie sind für die Behandlung chronischer Krankheiten bewährt und unverzichtbar! Bei anderen begründen theoretische und spekulative Erwägungen ihren Einsatz. Ein Beispiel für die missbräuchliche Verwendung des Begriffs Homöopathie ist der Umgang mit der Plazenta - Nosode, die Potenzierung des „Mutterkuchens“ nach der Geburt. Sie wird gegen nahezu jede Beschwerde, nicht nur des Kindes, sondern auch der Mutter empfohlen. Ihr wird die Fähigkeiten unterstellt, jede funktionelle Störung regulieren zu können - mit Homöopathie im eigentlichen Sinne, einem differenzierten Vorgehen nach den Regeln des Ähnlichkeitsprinzips ist das nicht in Übereinstimmung zu bringen!

Ohne Ähnlichkeit keine Homöopathie und ohne Arzneimittelprüfung keine Ähnlichkeit!

Das ist die rationale Basis der Homöopathischen Medizin. Das Ähnlichkeitsprinzip bietet uns die Möglichkeit, auf der Grundlage nachvollziehbarer Kriterien ein passendes Arzneimittel auszuwählen.

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