Stress; Foto: © Alphaspirit/fotolia
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ADHS bei Erwachsenen

Dr. med. Thomas Bonath -

,,Das wächst sich aus"! Diese Devise trifft nicht immer zu. Immer mehr Eltern erkennen sich selbst in der Problematik ihrer Kinder. Mittlerweile geht man davon aus, dass 4% der Erwachsenen an ADHS leiden, wobei auch beim Erwachsenen die Zahlen der Krankheitshäufung erheblich schwanken.


Bei jeweils einem Drittel der erwachsenen ADHS-Patienten lässt sich folgende Feststellung treffen:

  • Es bestehen keine direkten Auswirkungen (mehr) auf das tägliche Leben
  • Es liegt eine Kompensation vor, eine Behandlung ist nicht erforderlich, die Störung beeinträchtigt allerdings noch Lebensqualität und erreichbare Ziele
  • Die Störung ist nicht ausreichend kompensiert und bedarf therapeutischer Unterstützung.

Wie gut ein Betroffener im Alltag zurecht kommt, hängt wesentlich von der individuellen, sozialen, beruflichen und familiären Situation ab. Während Kinder und Jugendliche sehr stark durch die Schule normiert werden, ist dies im Erwachsenenalter subtiler. Bestimmte Eigenschaften, die beim Kind als störend gelten, werden in einer entsprechenden beruflichen Umgebung positiv bewertet:
Martin war nach eigener Einschätzung wegen seiner ,,Unruhe und Sprunghaftigkeit" ein katastrophaler Schüler, jetzt ist er wegen seiner ,,Agilität und Offenheit" erfolgreicher Betreuer von Großkunden und umtriebiger Organisator von geschätzten Fortbildungsveranstaltungen bei einem Großhändler. Je besser man also die eigene ,,ökologische Nische" der Symptomatik anpassen kann, desto größer sind die Möglichkeiten der Kompensation.


Diagnostik

Die Diagnose von ADHS ist bei Erwachsenen nicht einfach, sie beruht zum größten Teil auf der Lebensgeschichte des Patienten. In letzter Zeit wurde ausführlich über die Symptomatik bei Erwachsenen diskutiert und die so genannten ,,Wender-Utah-Kriterien für ADHS im Erwachsenenalter" festgelegt:


A) Aufmerksamkeitsschwäche
Konzentrationsprobleme - Schwierigkeiten, dem Gespräch aufmerksam zu folgen - Vergesslichkeit - verlieren alltagsrelevanter Gegenstände wie Schlüssel, Geldbeutel etc.
B) Motorische Hyperaktivität
Gefühl innerer Unruhe - Unfähigkeit zur Entspannung - Meiden von Situationen, die längeres sitzen oder Stillhalten erfordern
C) Affektlabilität
bereits seit dem jugendlichen Alter andauernde, schnelle Wechsel der Gefühlszustände von normaler Stimmung in leichte Niedergeschlagenheit bis zu leichter Erregung (keine Euphorie) - in Abgrenzung zu depressiven Störungen bestehen kein Interessensverlust und keine körperlichen Symptome - die Stimmungswechsel lassen sich immer aus dem jeweiligen Zusammenhang nachvollziehen
D) Desorganisiertes Verhalten
deutliche Probleme mit der Organisation von Terminen und Arbeitsabläufen - wenig zielgerichtete Lösungsstrategien - viele Aufgaben werden begonnen, wenige zu Ende gebracht
E) Affektkontrolle
Reizbarkeit - geringe Frustrationstoleranz - Affektdurchbrüche, insbesondere im Straßenverkehr, etc.
F) Impulsivität
dazwischen reden - nicht warten können - Ungeduld
G) Emotionale Übererregbarkeit
überschießende Reaktionen unter normalem Alltagsstress - teils ängstlich


Hier zeigt sich auch wieder, dass ein als Krankheit bewertetes Verhalten eine große Spannbreite hat und nicht eindeutig messbar ist.


Auswirkungen

Trotz stärkerer Ausgleichmechanismen beim Erwachsenen stellt die Störung meistens eine schwere Belastung in der gesamten Biographie dar. Schon von früher Kindheit an erleben die Patienten ihr ,,Anders-Sein", häufig verbunden mit negativen oder verständnislosen Reaktionen der Umwelt. Laufend erhielten sie ja die Botschaft, dass etwas mit ihnen nicht in Ordnung sei, in der Schule, Familie oder im Freundeskreis.

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