Fazit; Foto: ©Jan Engel/fotolia
Gebärmutterhalskrebs ist in Deutschland eine seltene Krebsart. Durch die
offensive Werbung für die HPV-Impfung ist er in das Bewusstsein der
Bevölkerung geraten. Eine langfristige Infektion mit Humanen Papillom-Viren
(HPV) kann im Verlauf von vermutlich 10-20 Jahren zu dieser bösartigen
Veränderung führen. Regelmäßige Früherkennungsuntersuchungen, die in
jährlichen Intervallen von der Krankenkasse getragen werden, waren in den
letzten Jahren durchaus erfolgreich.
Mit Hilfe eines Scheidenabstriches aus dem Bereich des Gebärmutterhalses
werden Zellen gewonnen, die nach der PAP-Klassifikation untersucht werden
(Tabelle 1). Liegen verdächtige Zellveränderungen vor, wird der Gebärmutterhals mit der Lupe betrachtet (Kolposkopie) und eine
Gewebeprobe entnommen. Diese wird nach dem CIN-Schema beurteilt
(Tabelle 2). Ist nun auch das Gewebe verdächtig verändert erfolgt die
operative Entfernung eines Teils des Gebärmutterhalses. Diese
Früherkennungsstrategie hat die Zahl der Frauen, die an Gebärmutterhalskrebs
erkranken und sterben deutlich reduziert. Sie birgt allerdings auch erhebliche
Risiken:
✗ Früherkennungsuntersuchungen spüren nicht jeden Krebs auf. Es wird
geschätzt, dass bei etwa jeder 2. Frau, die an Gebärmutterhalskrebs erkrankt,
die Früherkennungsuntersuchung unauffällig war.
✗ Ein anderes Problem der Früherkennung besteht darin, dass Frauen fälschlich
als krank eingestuft werden, obwohl sie tatsächlich gesund sind. Je häufiger
untersucht wird, desto häufiger kommt es zu „falsch positiven“ Befunden.
Zusammenfassend lassen sich Vorteil und notwendiger Aufwand im Rahmen
der Früherkennungsuntersuchung auf Gebärmutterhalskrebs in Deutschland,
bezogen auf die Gesamtzahl aller Frauen (ca. 42 Millionen) und ein Jahr,
folgendermaßen errechnen:
Ca. 6.300 Frauen erkranken jedes Jahr trotz Früherkennung - ohne
Früherkennung wären es vermutlich rund 17.000 (Benefit: knapp 10.000
vermiedene Erkrankungen im Jahr).
Trotz Früherkennung sterben etwa 1.700
Frauen an der bösartigen Veränderung, ohne Früherkennung wären es
wahrscheinlich ca. 3.500 (Benefit: rund 2.000 Frauen können pro Jahr durch die
Früherkennung gerettet werden).
Diesem Vorteil der Früherkennung stehen ca. 17 Millionen PAP-Abstriche im Jahr
gegenüber. Daraus ergeben sich ca. 500.000 verdächtige Befunde. Als
Konsequenz daraus werden jedes Jahr ca. 140.000 Frauen operiert (Konisation),
2.500 Frauen wird die Gebärmutter entfernt. Es werden also wesentlich mehr
Operationen durchgeführt als Frauen an Gebärmutterhalskrebs erkranken. Um etwa 2.000 Frauen zu retten, werden ca. 140.000 (meist gesunde) Frauen
operiert.
Kritiker bemängeln, dass die Früherkennung auf Gebärmutterhalskrebs in
Deutschland ohne Sicherung der Qualität durchgeführt wird. Sie plädieren für
eine durchgehende Qualitätssicherung und damit zusammenhängend für eine Verlängerung der
Früherkennungsintervalle auf 3 - 5 Jahre. Dies würde zur Abnahme der großen
Zahl „falsch positiver“ Befunde und Vermeidung unnötiger operativer Eingriffe
führen - ohne die Krebsgefahr zu erhöhen.
Statistische Risiken und Chancen können unterschiedlich bewertet werden. Fundierte Aufklärung, transparente Information über jeden Behandlungsschritt,
über Risiken und Chancen und ein tragfähiger Dialog mit den beteiligten Ärzten
können betroffenen Frauen helfen, eine "gute", stimmige Entscheidung zu
treffen.