Sport/Laufen; Foto: ©Jag_cz/fotolia
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Schmerz der Fußsohle – Entstehung und Behandlung

Dr. med. M. Berger - Oktober 2020

Im Text genannte Abbildungen finden Sie in der "Infobox 1".
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Schmerzen der Fußsohle sind meist bedingt durch Veränderungen der sogenannten Plantarfaszie (PF), eine breite Sehnenplatte (lat: Faszie), die sich an der Fußsohle (lat: Planta pedis) von der Ferse bis hin zu den Zehen erstreckt. Die mit Schmerzen und Einschränkung der Mobilität einhergehende Veränderung kann in jedem Lebensalter auftreten, meist sind Menschen zwischen dem 45. und 65. Lebensjahr betroffen.

Plantare Fasziitis oder Fersensporn?

Plantarfaszie
Plantarfaszie


Nach unserem derzeitigen Stand des Wissens entstehen die Beschwerden durch die sogenannte plantare Fasziitis (übersetzt: Entzündung der Faszie (Sehnenplatte) an der Fußsohle. Eine mit erhöhter Anspannung der PF verbundene Fehlfunktion führt zu ihrer Überlastung und zu wiederholten kleinsten Verletzungen (Mikrotraumen). Als Versuch der Reparatur kommt es zur Reizung und Entzündung der PF. Gelingt dies nicht oder nur unvollständig, wird das Gewebe narbig-degenerativ verändert.

Als Fersensporn wird hingegen eine Verkalkung oder Verknöcherung im Ansatzbereich der PF an der Ferse bezeichnet. Diese Veränderung kann als prinzipiell sinnvolle, reaktive Verstärkung der Sehnenplatte an ihrer Verankerung im Knochen wegen der vermehrten Zugbelastung aufgefasst werden. Der Zusammenhang zwischen dem Vorliegen einer plantaren Fasziitis und dem Nachweis eines Fersensporns ist unregelmäßig. Häufig wird ein Fersensporn ohne Beschwerden als Zufallsbefund bei einer Röntgenuntersuchung festgestellt. Sein Auftreten, seine Größe oder Form haben keinen Einfluss auf Schmerz oder Einschränkung der Bewegung.


Literatur: (4, 9, 11, 12)

Biomechanik

Die PF kann als die Sehne eines Bogens verstanden werden, der seinerseits aus dem Längsgewölbe des Fußes gebildet wird (Abb. 2). Vereinfacht dargestellt vertäut die PF insbesondere das Längsgewölbe des Fußes und sichert damit seine Stabilität. Darüber hinaus ökonomisiert sie durch ihre aktive Funktion den Bewegungsablauf des Fußes:


Beim Gang flachen die von oben auf den Fuß wirkenden Kräfte das Längsgewölbe ab - die PF verlängert sich elastisch um bis zu 2 cm. Die Fußkonstruktion wirkt als Stoßdämpfer (Abb. 3 a).


Die Hebung der Zehen in der folgenden Beschleunigungsphase verkürzt die PF erneut (Abb. 3 b). Das Längsgewölbe des Fußes richtet sich auf. So werden nun die nach oben gerichteten Kräften effektiv unterstützt um den Fuß dynamisch vom Untergrund zu lösen (sog. Seilwinden-Mechanismus, englisch: windless mechanism).


Bei Berücksichtigung der Biomechanik des Fußes kann gut nachvollzogen werden, dass eine Einschränkung der Zehen-beweglichkeit durch enges Schuhwerk die Funktion des Seilwindenmechanismus und damit einen ökonomischen Gang behindern. Ebenso schränkt ein übermäßiger Spannungszustand der Wadenmuskulatur wegen der Verkürzung der Achillessehne und dem damit einhergehenden Zug an der PF ihr freies Spiel ein (Abb 3 c). Beim Aufsetzen des Fußes trifft die nach unten gerichtete Kraft nun auf eine bereits gespannte PF. Dies kann ihre Dehnfähigkeit überfordern, zu wiederholten kleinsten Verletzungen führen und die folgende Entzündung mit narbigem Umbau erklären.


Literatur: (2, 4, 9)

Risikofaktoren


Ähnlich wie bei vielen anderen Erkrankungen dürfte auch bei der Entstehung der plantaren Fasziitis das Zusammentreffen mehrerer Risikofaktoren notwendig sein, um Beschwerden auszulösen (multifaktorielle Entstehung). Folgende Risikofaktoren werden in der Literatur genannt:

  • Übergewicht
  • übermäßige Bewegung (insbesondere Laufen)
  • aber auch: langes Stehen
  • übermäßige Spannung und Verkürzung der Wadenmuskulatur
  • „konstitutionelle Anfälligkeit“ für Beschwerden an den Sehnenansätzen


Eine zentrale Bedeutung wird der Spannung und Verkürzungen der Wadenmuskulatur zugeschrieben. Insofern ist nicht verwunderlich, dass die Beschwerden der PF gemeinsam mit Beschwerden der Achillessehne auftreten oder sich mit diesen abwechseln können. Möglicherweise hatte ein/e Betroffene/r bereits früher Beschwerden auch an anderen Sehnenansätzen, zum Beispiel am Ellenbogen (Tennis- oder Golfarm) oder Kniegelenk. Spannung und Verkürzung von Sehnen und Muskulatur kann gemeinsam mit einer allgemeinen Anfälligkeit der Sehnenansätze Beschwerden in verschiedenen Bereichen auslösen.


Literatur: (2, 4, 9, 8, 12, 18)

Diagnostik

Fasziitis Schmerz
Fasziitis Schmerz


Durch die Art der Beschwerden und das Abtasten des Fußes ist die Diagnose meist leicht und richtig zu stellen.


Der Schmerz der Fußsohle wird tendenziell in Richtung des inneren Fußrandes und in Richtung Ferse lokalisiert (dort ist der Übergang der Sehnenplatte in die Ferse). In diesem Bereich findet sich der stärkste Schmerz beim Abtasten der Fußsohle. Durch aktive oder passive Hebung der Zehen (Dorsalextension) kommt es in der Regel zur deutlichen Schmerzverstärkung.


Typischerweise tritt der Schmerz verstärkt am Morgen oder nach Ruhephasen, bei den ersten Schritten auf. Mit zunehmender Bewegung wird er zunächst besser – man läuft sich ein. Im Tagesverlauf, nach intensiver oder langanhaltender Belastung, nimmt er jedoch erneut zu.


Apparative Diagnostik, z.B. das Anfertigen von Röntgenbildern, um das Vorliegen eines Fersensporn auszuschließen oder zu bestätigen, ist in der Regel überflüssig. Sie bringt keinen zusätzlichen Informations-gewinn und hat für die Therapie keine Konsequenz.


Literatur: (4, 9, 11)

Behandlung

Dehnung
Dehnung


Auch wenn in der vorliegenden Literatur eine deutliche Neigung zum spontanen Rückgang der Beschwerden beschrieben wird, haben wir es in der Praxis immer wieder mit Patienten zu tun, die über einen langen Zeitraum unter anhaltend oder wiederkehrend starken Schmerzen und Einschränkung ihrer Mobilität leiden.


Grundsätzlich ist bei jeder Behandlung zu berücksichtigen, dass straffes Gewebe, wie Bänder, Sehnen oder Sehnenplatten, meist nur langsam heilt. Unabhängig von der Art der Behandlung sollte also von einer Behandlung nicht unbedingt eine unmittelbare Wirkung erwartet werden.


Ohne Anspruch auf Vollständigkeit werden im folgenden gängige Behandlungsoptionen aufgeführt und ihre Wirksamkeit auf der Basis einer umfassenden Literaturrecherche beurteilt.

Dehnung
Auf der Grundlage der o.g. biomechanischen Überlegung ist die regelmäßige Durchführung von Dehnungsübungen, sowohl der PF als auch der Wadenmuskulatur, sinnvoll. Dies konnte durch Studien bestätigt werden. Auch langfristig (nach zwei Jahren) waren über 90 % der Patienten mit der Behandlung zufrieden und sie berichteten über Schmerzfreiheit. Die regelmäßige Durchführung eines Dehnungsprogrammes, zunächst unter physiotherapeutischer Anleitung, ist unter Berücksichtigung der Ergebnisse der vorliegenden Studien offensichtlich eine der wirksamsten Maßnahmen bei der Behandlung der plantaren Fasziitis.

Literatur: (4, 6, 9, 12)


Gewichtsreduktion

Die Abnahme des Körpergewichts bei übergewichtigen Menschen mit plantarer Fasziitis scheint einen positiven, zusätzlichen Effekt auf die Heilung zu haben.

Literatur: (9,18)


Einlagen

Die Frage, ob individuell angefertigte oder Standardeinlagen bei der Behandlung erfolgreich sind, wird in Studien uneinheitlich beurteilt. Möglicherweise können Sie für eine gewisse Zeit hilfreich sein, der langfristige Erfolg ist fraglich.

Literatur: (14, 15, 19)


Entzündungshemmer (Antiphlogistika)

Die Einnahme von Entzündungshemmern kann aufgrund ihrer schmerzlindernden Wirkung den Schmerz abschwächen. Im Vergleich zu einer Placebobehandlung (Scheinbehandlung mit unwirksamen Medikamenten) war ein nachhaltiger Therapieerfolg jedoch nicht nachweisbar.

Dabei sind insbesondere die potentiellen Nebenwirkungen dieser Medikamentengruppe zu beachten, die mit dem Alter stark zunehmen können. Für eine Heilung ist grundsätzlich ein gewisses Maß an Entzündung unverzichtbar. Da es sich bei Bändern und Sehnen um Gewebe mit einer langsamen Heilungstendenz handelt, besteht die Überlegung, dass die Hemmung einer zur Heilung notwendigen Entzündung den Krankheitsprozess sogar verlängern (chronifizieren) könnte.

Literatur: (4, 7, 9, 12)

Kortison
Eine im Bereich der Orthopädie übliche Behandlungsmethode ist die Injektion von Kortison an die Plantarfaszie. Dieser Behandlung liegt der Gedanke zugrunde die Beschwerden zu lindern, indem durch Kortison die Entzündungsreaktion unterdrückt wird. Im Vergleich ist diese Maßnahme relativ gut untersucht. Es liegen annähernd 40 Studien mit über 2000 Teilnehmern vor. Allerdings ist die Qualität der durchgeführten Studien meist gering. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Schmerzen kurzfristig reduziert werden können. Dieser Effekt scheint allerdings auf wenige Wochen begrenzt zu sein - ein länger als vier Wochen anhaltender Erfolg kann aus den vorliegenden Studien nicht abgeleitet werden.


Ähnlich wie bei der Einnahme von Entzündungshemmern sind bei der Injektion von Kortison an die PF potentiell gravierende, unerwünschte Wirkungen zu berücksichtigen. Neben der Ausdünnung der PF (Atrophie) ist es nach mehrfacher Injektion zu Rissen der PF gekommen. Die Nutzen–Schaden–Bilanz spricht gegen die Anwendung dieser Maßnahme. Wird Kortison injiziert, wird die Begrenzung auf zwei, maximal drei Injektionen pro Jahr empfohlen.

Literatur: (1, 5, 9,13)


Extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT)
Die Stoßwellentherapie wurde zunächst zur Zertrümmerung von Nierensteinen eingeführt. Bei dieser Behandlung werden mit einem Gerät Druckwellen erzeugt. Verkürzt gesagt besteht ihre Wirkung darin, dass sie die Entzündungsreaktion im Gewebe anregt. Damit ist ihre physiologische Wirkung interessanterweise der von Entzündungshemmern und Kortison entgegengesetzt.

Eine umfangreiche und sehr detaillierte Auswertung von insgesamt 29 Studien kommt im Wesentlichen zu dem Ergebnis, dass im Vergleich zu einer Scheinbehandlung auch längerfristig (mehr als 6 Monate) von der ESWT positive Ergebnisse zu erwarten sind, die über einen Placeboeffekt hinausgehen. Auch im Vergleich zur Durchführung von Dehnungsübungen konnte ein (allerdings geringer) Nutzen nach-gewiesen werden. Ob die Stoßwellentherapie allerdings auch längerfristig, nach mehr als sechs Monaten, gegenüber Dehnungsübungen von Vorteil ist, kann nicht sicher beurteilt werden. Im direkten Vergleich zur Injektion von Kortison an die PF hat sich die Stoßwellentherapie überlegen gezeigt.

Literatur: (4, 9, 11)


Die homöopathische Behandlung der Plantaren Fasziitis wird im folgenden Beitrag ausgeführt.

Quellen

Literaturnachweis:


Schmerz der Fußsohle – Entstehung und Behandlung

(1)
Acevedo, J. et al: Complications of plantar fascia rupture associated with corticosteroid injection. Foot Ankle Int. 1998; 19(2):91-97


(2)
Bolgla, L. et al: Plantar Fasciitis and the Windlass Mechanism: A Biomechanical Link to Clinical Practice. Journal of Athletic Training 2004;39(1):77–82

(3)
Clark, J. et al: A preliminary investigation into the effectiveness of the homeopathic remedy, Ruta graveolens, in the treatment of pain in plantar fasciitis. 2000, British Journal of Podiatry, 3:81–85.

(4)
Cutts, S et al: Plantar fasciitis. Ann R Coll Surg Engl. 2012 Nov; 94(8): 539–542

(5)
David, A. et al: Injected corticosteroids for treating plantar heel pain in adults. Cochrane Database Syst Rev. 2017 Jun 11;6(6)

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Digiovanni B. et al: Plantar fascia-specific stretching exercise improves outcomes in patients with chronic plantar fasciitis. A prospective clinical trial with two-year follow-up. J Bone Joint Surg Am 2006; 88: 1775–81

(7)
Donley, B. et al: The efficacy of oral nonsteroidal anti-inflammatory medication (NSAID) in the treatment of plantar fasciitis: a randomized, prospective, placebo- controlled study. Foot Ankle Int. 2007 Jan;28(1):20-3

(8)
Gudjons, B.: HEKLA LAVA - Auf der Suche nach der richtigen Ausgangssubstanz für die homöopathische Arznei Hekla Lava. KH Zeitschrift für klassische Homöopathie, 1/93

(9)
Gutteck, N. et al: Plantarer Fußschmerz. Deutsches Ärzteblatt, Jg. 116, Heft 6, 8. Februar 2019

(10)
Hekla lava. Homöopathische Arzneimittelprüfung. Prüfungsdirektor: Dr. M. S. Jus. Dr. B. K. Bose-Stiftung 2003

(11)
IQWiG: Extrakorporale Stoßwellentherapie beim Fersenschmerz. Abschlussbericht, Berichte-Nr. 499, 2017

(12)
Jacobs, A.; An Evidence-Based Medicine Approach To Plantar Fasciitis. Podiatry today, October 22, 2013, 30 - 44

(13)
Kim, C. et al: Incidence of plantar fascia ruptures following corticosteroid injection. Foot Ankle Spec. 2010; 3(6):335-7

(14)
Landorf, K. et al: Effectiveness of Different Types of Foot Orthoses for the Treatment of Plantar Fasciitis. Journal of the American Podiatric Medical Association. J Am Podiatr Med Assoc. Nov-Dec 2004; 94(6): 542-9.

(15)
Lee, S. et al: Does the use of orthoses improve self-reported pain and function measures in patients with plantar fasciitis? A meta-analysis. Phys Ther Sport 2009; 10: 12–8

(16)
Lucae, Ch.: Auf Spurensuche – Hekla lava oder Hekla tephra? Internationale Referate, ZKH 2013; 57 (1), 45-46

(17)
Pöttgers, H.: Materia medica - Hekla Tephra und Hekla Lava. ZKH 2014; 58 (4): 212–213

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Schwering, L: Die Plantaraponeurose und der Seilwindenmechanismus des Fußes. Orthopädie - Schuhtechnik, S.20-23

(21)
www.homoeopathie-heute.de/home...

(22)
www.homoeopathie-heute.de/home...

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